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Tierschutz - Initiative Transparente Tierversuche
Versuchstiere und Tierversuchsvorhaben an der Humboldt-Universität zu Berlin
Bei allen tierexperimentellen Forschungsprojekten der Humboldt-Universität zu Berlin ist das oberste Ziel, die verwendeten Tierzahlen zu reduzieren und das Wohlbefinden der Versuchstiere bei gleichzeitiger Steigerung der Qualität und Aussagekraft der wissenschaftlichen Forschung zu verbessern. Alle Beteiligten arbeiten daran mit großem Engagement.
Eine zentrale Rolle bei der Regulierung von Tierversuchen in Deutschland nehmen das Tierschutzgesetz (TierSchG) und die Tierschutz-Versuchstierverordnung (TierSchVersV) ein. An der Humboldt-Universität zu Berlin muss jedes Tierversuchsvorhaben (TVV) vom Landesamt für Gesundheit und Soziales (LAGeSo) unter Mitwirkung der §15-Kommission auf Genehmigungsfähigkeit geprüft werden. TVV werden von der Behörde nur genehmigt, wenn:
- durch die geplanten Tierversuche neue Erkenntnisse erwartet werden können,
- das Versuchsziel einem zulässigen Zweck zugeordnet werden kann,
- die Unerlässlichkeit dargelegt wurde und der erwartete wissenschaftliche oder medizinische Nutzen gegenüber der Belastung der Versuchstiere ethisch vertretbar erscheint.
Bei der Planung, Beantragung und Durchführung von TVV überwachen die Tierschutzbeauftragten der Humboldt-Universität zu Berlin die Einhaltung der Standards und stehen den Forschenden beratend zur Seite. Sie wirken dabei besonders auf eine konstruktive Auseinandersetzung der Experimentator*innen mit der ethischen Vertretbarkeit ihrer Vorhaben und die Reduzierung auf ein Minimum hin. Dieses Anliegen wird auch durch den Tierschutzausschuss der Humboldt-Universität zu Berlin unterstützt, der sich unter anderem mit der Qualität der Versuchstierhaltung und der aktiven Umsetzung des 3R-(Replace-Reduce-Refine)-Prinzips befasst.
Entwicklung der Tierversuchsvorhaben
Durch die Novellierung des TierSchG gibt es Änderungen beim Genehmigungsverfahren von Tierversuchsvorhaben (TVV). Die Versuche, die bisher einer Anzeigepflicht unterlagen, müssen künftig ein „vereinfachtes Genehmigungsverfahren“ durchlaufen. Wichtige Änderungen gibt es auch bei Versuchen zur Aus-, Fort- und Weiterbildung, etwa in der Hochschullehre oder der Ausbildung. Diese Tierversuche fallen nun unter die vollumfängliche Genehmigungspflicht. Änderungen des Versuchsvorhabens mussten bisher bei der zuständigen Behörde lediglich angezeigt werden. Sie gelten nun auch als genehmigungspflichtig. Durch diese Änderungen wird es innerhalb der verschiedenen Kategorien der TVV zu geringfügigen Verschiebungen kommen.
Es wurden im gesamten Jahr 2022 an der HU 20 genehmigte Tierversuchsvorhaben (TVV) durchgeführt. Zu den genehmigungspflichtigen Vorhaben zählen wissenschaftliche Untersuchungen in denen Tiere unter Umständen Schmerzen, Leiden oder Schäden erfahren. Zudem gab es 3 vereinfachte Genehmigungsverfahren (H, L), 15 Tötungsanzeigen (T) und 15 Vorhaben an Tieren per Stellungnahme (StN, kein TVV), bei denen Tiere in Untersuchungen einbezogen werden, dabei jedoch keinerlei Schmerzen, Leiden oder Schäden ausgesetzt sind (z. B. Verhaltensbeobachtungen). Die Entwicklung der Anzahl an TVV sowie Vorhaben sind in Abb. 1 dargestellt.
Abb. 1: Darstellung der Anzahl von Tierversuchsvorhaben (TVV) in den verschiedenen Kategorien seit 2018 bis 2022.
Anzahl und Arten der Versuchstiere sowie deren Belastung
Mit der Versuchstiermeldung 2018 wurden insgesamt 14.361 verwendete Versuchstiere dem LAGeSo übermittelt (Abb. 2). Diese Anzahl konnte in den Folgejahren kontinuierlich gesenkt werden. Gegenwärtig liegt die Zahl der Versuchstiere bei 4390 und damit bei 30,6% des Ausgangswertes, aber um 25% höher als im Jahr 2021, wo ein Tiefststand erreicht wurde. Diese Zunahme ist vor allem coroanbedingt zu erklären, da gerade in den Jahren 2020 und 2021 zahlreiche Projekte unbearbeitet blieben und die Tierzahlen dadurch vorrübergehend stärker abgesunken waren, als in den Projekten geplant war. Diese Untersuchungen wurden 2022 nachgeholt und führen daher zu diesem erneuten Anstieg.
Abb. 2: Entwicklung der Anzahl von in Versuchsvorhaben eingesetzten Tieren in den Jahren 2018 bis 2022.
An der Humboldt-Universität zu Berlin setzten die Wissenschaftler:innen in erster Linie die klassischen Versuchstiere wie Mäuse, Ratten, Fische und Frösche, aber durch die Aktivitäten der Fachgebiete, die sich mit der Nutztierforschung befassen, auch Rinder und Hühner sowie gelegentlich Schweine ein. Daneben finden weitere Kleinsäuger (z.B. Etruskerspitzmäuse, Baumstreifenhörnchen) und andere Tiere in geringer Zahl Verwendung. Weiterhin kommen in speziellen Projekten auch Wildtiere zum Einsatz. Dies ist beispielsweise im Monitoring der Parasitenbelastung dieser Tiere der Fall. Mäuse stellen nach wie vor den größten Anteil an der Gesamttierzahl dar (Abb. 3).
Abb. 3: Verteilung der eingesetzten Tierarten in den Jahren 2021 und 2022.
Belastung der Versuchstiere im Jahr 2022
Etwa die Hälfte der Versuchstiere konnten in die Kategorie eines maximal geringen Belastungsgrades eingeordnet werden (Abb. 4), während weiterhin nur ein extrem geringer Anteil einer mittleren Belastung ausgesetzt war.
Der Anteil der Tiere, die zu wissenschaftlichen Zwecken getötet wurden, ohne dass sie vorher einer Belastung im Tierversuch ausgesetzt waren, ist deutlich gestiegen. Diese Entwicklung ist der Tatsache geschuldet, dass eine wachsende Anzahl von Wissenschaftler:innen Untersuchungen nicht mehr am Tier selbst, sondern an einzelnen Zellen, Geweben oder Gewebekulturen durchführen will. Da es für die sehr unterschiedlichen Analysen, die teilweise auch im Nutztierbereich liegen, noch keine bestehenden Zelllinien oder Gewebekulturen gibt, ist die Tötung von Tieren dafür noch erforderlich. Auch wenn hier Tiere getötet werden mussten, ist diese Vorgehen durchaus eine angestrebte Strategie, wobei die Anlage von langjährigen, mehrfach zu nutzenden Kulturen noch zu einer weiteren Verbesserung führen könnte. Die Voraussetzungen dafür sollen unter anderem mit diesen Untersuchungen geschaffen werden.
Abb. 4: Zuordnung der im Jahr 2021 und 2022 in Versuchsvorhaben eingesetzten Tiere zu den unterschiedlichen Belastungsgraden.
Aktivitäten zu Alternativmethoden und 3R-Ansätze
An der Humboldt-Universität zu Berlin setzen sich alle tierexperimentell tätigen Wissenschaftler:innen gemeinsam mit den Beschäftigten in der Tierhaltung für die konsequente Umsetzung des 3R-(Replace-Reduce-Refine)-Prinzips ein. So sind immer mehr Tierversuchsvorhaben auf Inhalte ausgerichtet, in denen Tiere keinen Schmerzen, Leiden oder Schäden ausgesetzt werden, wie zum Beispiel Naturbeobachtungen, Videoauswertungen und Verhaltensuntersuchungen. Die Anzahl derartiger Projekte ist im Zeitraum 2018 bis 2022 von 4 auf 18 Vorhaben gestiegen.
Beispiele für die Arbeit an 3R-Strategien in der Forschung folgen zeitnah!
Vielen Dank für Ihr Verständnis!
Kontakte:
Dr. Monika Reißmann
Tierschutzbeauftragte
Dr. Beatrice Geyer-Lange
Tierschutzbeauftragte, Tierärztlicher Dienst u. Tierärztliche Hausapotheke
Links:
https://www.initiative-transparente-tierversuche.de/
https://www.dfg.de/service/presse/pressemitteilungen/2021/pressemitteilung_nr_24/index.html